Kulturtreff Plantage Projekt "Badenstedt von A-Z - Geschichte"
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Die Badenstedter StraßeAnhand der Geschäfte und den Berufen der Mietparteien in den Häusern entlang dieser Straße lassen sich über die letzten 100 Jahre Tendenzen in der Entwicklung Badenstedts vom fast noch dörflichen Charakter bis hin zum einverleibten Stadtteil Hannovers ablesen. Die heutige Hauptstraße im Stadtteil Badenstedt verband ehemals als Landstraße nach Richtung Osten das Dorf Badenstedt mit dem in der Gründerzeit vor 1900 aufstrebenden Industriestandort Linden. Bereits am 02.06.1895) erreichte die Stromleitung der neuen Überlandstraßenbahn Badenstedt. Deren Linienführung, weiter über Empelde, Gehrden und Barsinghausen, machte die Badenstedter Straße zwansgläufig zur Hauptdurchgangsstraße in Badenstedt. Genau darauf abgestimmt, begann zwischen 1880 und 1895 entlang der Badenstedter Straße die Projektierung neuer städtischer Wohnhäuser. Es war eine Zeit des Aufbruchs, die zuvor mit der Entwicklung den Salinen Egestorffshall und Neuhall in Badenstedt begonnen hatte. Die neuen Gebäude entstanden als rote Backsteinbauten der sogenannten Hannoverschen Schule, die das Hannover der Gründerzeit prägten, bevor die Putzfassaden des Jugendstils aufkamen, wie sie auch in Badenstedt z.B. in der Plantagenstraße zu sehen sind. Die Projektierung der Neubauten an der verkehrsgünstig gelegenen Badenstedter Straße entsprach der ansteigenden Nachfrage nach Wohnraum in der Randlage der nur 1 bis 2 km entfernten Industriestandorte Körtingsdorf und Linden. In dem nahen Bereich zur Saline Egestorffshall hin waren zuvor nördlich an der Salzhemmendorfer Str. kleinere Werkswohnhäuser gebaut worden und südlich an der Salinenstraße und beidseitig an der Zieseniß- und Grünaustraße entstanden im gleichen Zeitraum 1½- geschossige rote Backsteinhäuser mit 3-4 Wohnungen sowie eine Grundschule, die später den Namen des ersten Dorfschullehrers Diesterweg bekam. Das der Einwohnerzuwachs die Nachfrage nach Versorgung durch örtliche Handwerker und Geschäfte auslösen mußte, kam der Projektierung entlang der Badenstedter Straße wie gerufen, denn die 2 ½ geschossigen traufständigen Stadthäuser boten passend rückwärtige Anbauten für kleine Handwerksbetriebe und zur Straßenseite hin Räume für Geschäfte an. Die Häuser hatten zunächst ein "Plumpsklo" und einen Brunnen im Hof. Erst nach 1900, mit dem Aufbau der Stadtwerke und den entsprechenden Versorgungsverträgen für Badenstedt kamen Gaslicht und Strom und die Kanalisation folgte mit dem Ausbau der Straßen.
Die Investitionen zu den Neubauten brachten die Badenstedter Grundbesitzer selbst auf. Vielfach baute jedoch der Grundbesitzer selbst in Hinsicht auf Mieteinnahmen, die nun als Altersversorgung dienten, denn mit der Aufgabe seiner bäuerlichen Wirtschaft verlor er auch seine Versorgung durch das bäuerliche Altenteil. Daß der Plan der Badenstedter Projektanten auch langfristig erfolgreich aufging, dafür sorgte eine stetig weiter wachsende Industrie im nahem Umkreis und die günstige Anbindung dahin. An den Berufen der Mietparteien in der Häusern entlang der Badenstedter Straße spiegelt sich die Entwicklung jener Industrie wider, samt örtlichem Handwerk und Gewerbe. Das "Neue Stadthaus" ist an seine fortschreitend sich wandelnde Umgebung gebundenDas erste der neuen Stadthäuser an der Badenstedter Straße war 1978 die heutige Nr. 196. Die Abfolge der Mietparteien gibt Aufschluß über Berufe und Erwerbsorte. Was später allgemein für die Badenstedter Straße gilt ist hier schon im Einzelnen erkennbar: die Berufstruktur in der Bezug zu Geschäften und Erwerbsstätten in der nahen Umgebung. Der Kern des Hauses ist ein handwerkliches Baugeschäft im Hofgebäude, dessen Inhaber über 3 Generationen als Hauseigentümer den 1.Stock bewohnen. Im Erdgeschoß gab es 3, im Dachgeschoß 2 Mietwohnungen. Überwiegend sind die Mieter Handwerker im häuslichen Baugeschäft, Schlosser bei Hanomag (Linden), Steiger im Kalischacht Hansa (Empelde) und Ladenbesitzer an der Badenstedter Str. und Schneider im Haus. Wohnort und Erwerb liegen in unmittelbarer Nähe. Zum Bau des Hauses benötigte man damals etwa 12 heimische Baustoffe. Die Ausstattung der Wohnungen wäre uns heute spartanisch vorgekommen. Wasser gab es im Hof an der Pumpe. Im Stallgebäude war das "Plumpsklo" und die Wasch- und Schlachteküche. Dort wandelte sich der Bio-Müll nach der Mast gefräßiger Schweine im Winter zu leckerer Wust. Hinter dem Gebäude lag der große Obst- und Gemüsegarten der Eigentümer. Die Mieter versorgten sich aus Kleingärten auf dem sich anschließenden nahen Pachtland. Nach 1912 kam das Wasser- und Abwassernetz. Es wurden Toiletten angebaut, jeweils auf halber Etage am Treppenpodest. Die Wohnungen erhielten Trinkwasser und Gas, bald darauf auch Strom und Telefon. Noch vor 1917 waren alle Stadthäuser an der Badenstedter Str. "modernisiert". Bis 1960 änderte sich dann baulich kaum etwas. Nach 1960, als aus Krämern Sortimenter und Filialisten wurden, die Wohnungsnot ab ebbte und die 2.Vererbung der Häuser anstand, wurde wieder modernisiert. Läden wurden verjüngt und alle Wohnungen erhielten Bäder, da die Mieteinnahmen der nun ins Alter gekommenen Häuser rasch sanken. Entwicklung von Handel und Handwerk
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Bild 7 und 8: Links der dörfliche Charakter um 1920 und rechts, bald darauf, der Übergang zum städtischen Erscheinungsbild um1930. Rechts sind noch einige der Gärten zu erahnen. |
Tabellen 2 und 3: Entwicklung von Handel und Handwerk |
Noch 1920 war die Versorgung durch Handwerker und Geschäfte mit 17 Mietparteien aus Handel und Handwerk recht dürftig, denn neben der nahe der Salinenstraße beginnenden Bebauung, gab es auch in Richtung Ortsmitte (Denkmal) beiderseits noch große Gemüse- und Obstgärten. 1942 als die Bebauung auf der Südseite fast vollständig war, verblieben die Gärten überwiegend nur noch auf der Nordseite. Handwerker und Geschäfte machten nun schon 37 Mietparteien aus.1952 und 1961 stieg die Anzahl auf 69 bzw. 72 und erreichte 1972 mit 83 einen Höhepunkt. Die Zahlen zeigen eine wachsende Versorgung an.
Die Anzahl der Handwerker als Mietparteien entwickelt sich ansteigend mit dem Höhepunkt 1952 und einem Absinken bis 1972. Die Vielfalt der Handwerksberufe nimmt dabei sogar stetig zu.
Die Entwicklung des relativen Verhältnisses von abnehmendem Handwerk und aufstrebendem Handel ist an den jeweiligen Berufsangaben der Mietparteien zu verfolgen. (Tabellen A-E im Anhang). Auszüge daraus enthält die folgende Tabelle 4.
1920 finden wir dort 3 Kaufleute (18 %) gegenüber 8 Handwerkern (47 %). 1942 verändert sich das Verhältnis auf 11 (30 %) zu 15 (41 %). 1952 nach dem Krieg sind es 14 Kaufleute (20 %) und 30 Handwerker (43 %).1961 dreht sich das Verhältnis um auf 30 (42 %) zu 26 (36 %). 1972 stehen nunmehr 43 (52 %) Kaufleuten nur noch 23 Handwerkern (28 %) gegenüber.
Die stetig steigende Zahl der Kaufleute (die nicht nur Ladengeschäfte betreiben) belegt die steigende Anzahl von Geschäften an der Badenstedter Straße, was unter dem Hintergrund eines Bevölkerungszuwachs zu sehen ist.
Tabelle 4: Kaufleute und Handwerker in einer gegenläufigen Entwicklung |
Im Laufe der Zeit nahm der Anteil des Handwerkes ab und der Anteil der Geschäfte zu, die sich ab etwa 1972 auch nach Sortiment und Struktur wieder stark wandelten. Das Sortiment umfaßte nun auch elektrotechnische Waren, Mode, viele Dienstleistungen u.a. Banken und Sparkassen. Der Strukturwandel brachte Filialen und Dienstleistungsbetriebe hinzu.
Tabelle 5: Die Entwicklung der Ladengeschäfte an der Badenstedter Straße ab 1920 bis 1972 |
Die Straßenbahn brachte nach 1895 eine neues Leben mit sich. Man brachte jemanden hin oder holte ihn ab und wartete dazu auf die Bahn an der Haltestelle. Was lag näher, als die Haltestellen im Außenbereich vor Gaststätten einzurichten, wovon beide Vorteil hatten.
So auch in Badenstedt. Die eine Haltestelle lag auf der eingleisigen Strecke zunächst am damaligen Anfang der Bebauung an der Badenstedter Str., nahe dem Gasthaus Zieseniß, die andere am Denkmal nahe dem Gasthaus Haller. Dort lag die Ausweiche, wo der Motorwagen für die Rückfahrt von hinten nach vorn umgesetzt wurde. Auswärts ging es eingleisig weiter.
Bild 9 und 10: Hier am Denkmal (Blick stadteinwärts) endete mit einem Aufstellgleis ab 1895 vor dem Gasthaus Haller die Straßenbahn. In der Badenstedter Straße fuhr sie bis in die 1960-er Jahre eingleisig. Die Umfahrung an der Ausweiche ermöglichte dort das Umstellen des Motorwagens. Als Überlandstraßenbahn führte die Strecke später eingleisig über Gehrden bis nach Barsinghausen weiter. Im Bild unten, an gleicher Stelle um 1930 (Blick stadtauswärts) erkennt man in Bildmitte den ersten Kiosk am Denkmal. (Ausschnitte aus Postkarten der Sammlung Plantage) s.a.: Straßenbahn im Umland |
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Der westliche Güterverkehr der Straßenbahn durchquerte ab 1899 Badenstedt. Sogenannte Bockmaschinen brachten jeweils max. 6 Güterwagen zum Straßenbahnhof "Am Soltekampe" , von wo aus die Wagen weiter verteilt wurden. Die Kohle ging dort bis in die 1930er Jahre in die Badenstedter Salinen "Egestoffhall "und "Neuhall." Der anfangs meist ländliche und später auch industrielle Güterverkehr entwickelte sich im Überlandnetz der Straßenbahn in alle Himmelsrichtungen. Im Westen verschaffte sich die Straßenbahn (neben der Deisterbahn) mit einen Gleisanschluß am Barsinghäuser Kohlenbergwerk den Zugang zur Kohle. Zum Einsatz kamen speziellen Waggons (10 t Bügelwagen). Hautabnehmer waren neben Straßenbahnkraftwerke die Badenstedter Salinen. Auf der Außenstrecke gab es n.a. die Kampagne der Zuckerfabrik in Gehrden zu organisieren. Im Nachtverkehr (in der Innenstadt bis 10 h mit max. 3 Wagen vorgeschriebenen) wurde meist der Güterbahnhof Braunstraße/Glocksee mit Gemüse und die Molkerei mit Milch versorgt. Investiert wurde auch in den Ausflugsverkehr zum Benther- und Gehrdener Berg. ( Karte Calenberger Land). | In Umland eroberte sich die Straßenbahn zeitgemäß den örtlichen Güterverkehr. Ab 1930 überwog dann mehr der Personenverkehr. Für beide kam nach 1950 das dicke Ende, denn niemand glaubte mehr an eine Zukuft für den Nahverkehr. Das Streckennetz wurde abgewirtschaftet bis es abbruchreif war. (Bilder: Üstra-Chronik) |
Bild 11 und 12: links die Gastwirtschaft Zieseniß mit Bier- und Kaffegarten an der damals noch engen Badenstedter Straße mit eingleisiger Bahnstrecke, rechts: Der nahe Kiosk von Bonewald im alten Bauernhaus vom Scheider Pfeiffer an der Ecke Grünaustraße bestand vor dem Neubau von Vehhoff bis 1962. (Ausschnitte aus Postkarten und Foto aus Sammlung Plantage) |
Zwischen den Saalgastwirtschaften Haller (Tanzsaal, Biergarten) und Zieseniß (Tanzsaal, Kegelbahn, Schießstand, Bier- und Kaffegarten) entstand das Stück Badenstedter Str. mit den geschäftlichen Aktivitäten, die sich zum Denkmal hin verstärkt aussprägten. Bei Haller war nicht nur der geographische Mittelpunkt, sondern das jeweils vom Zeitgeist geprägte Zentrum politisch geprägter Bürgeraktivitäten. Als ob der Apfel unterm Baume läge, traf man nach dem Abriß nach 1930 in dem an gleicher Stelle erichteten Neubau neben dem Polizeiposten auch unrühmliche NSDAP-Zeitgenossen an. Aus "Haller`s Mutter" wird die "Eiche".
Das Umfeld versorgten die Gasthäuser Hartmann an der Empelder Str. und Kischer (Garten) in der Lenther Str. und zum Fuße der Saline Gasthaus Schatz (Saal und Garten), dessen Wirt gleichzeitig auch Dentist war. Der Nachfolger schuf daraus die "Badenstedter Bierstuben".
Aufblühende Geschäfte an der Badenstedter Straße schaffen auch gesellschaftliches Leben, Auftrieb für die Gastwirtschaften Zieseniß und Haller, damals wie Pole am Anfang und Ende der Badenstedter Straße. Belegt sind deren Erweiterungen nach 1900. Neben dem Kaffegarten ließ Zieseniß ("Zur Erholung") mitTanzsaal, Kegelbahn und Schießstand der Lust auf Erholung freien Lauf. Die Brandes`schen Erben ("Haller`s Mutter") zogen nach und ließen im "Großen Tanzsaal mit Bühne" aufspielen.
Bild 15: Links, Tanzsaal bei Zieseniß (Ausschnitt aus Postkarte Sammlung Plantage).
Bilder 16,17 und 18: Unten, noch vor 1900 expandieren die Gasthäuser. Links, Erweite-rungen (rat) zum Clubzimmer, Schießstand und Kegelbahn sowie die nun anstehenden WC-Anbauten. Mittig und rechts die Bilder zeigen die Saalpläne von Haller. Die Größe (rot) wird deutlich über dem bei Zieseniß liegen. Später wird in den größten Badenstedter Saal das erste Kino "Lichtspielhaus Odeon" einziehen. (Originalbaupläne, Nachlaß Fr. Zieseniß) |
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Nach dem Ausbau der Straßenbahn zum wichtig(st)en Verkehrsmittel, vornehmlich der Berufstätigen, entstehen etwa 1930 7 an den Haltestellen die für Hannover typischen Kioske (Bild 10). Seit je haben manche davon parallel zum Fahrplan von Sonnenaufgang bis in die Nacht geöffnet. Mit der Proletarisierung verliert sich danach die vormalige Bahnhofsfunktion der Gastwirtschaften und wird von den Kiosken auch als "Stehbierhalle" übernommen
"Wirtschaftswunderjahre" und Vergnügungssucht finden 1972 ein Ende. Nun bleiben in den Gastwirtschaften Haller und Zieseniß und den beiden Kinos am Denkmal "Odeon" und "Bali" die Gäste aus. Wir werden sehen, nicht der folgende Medienkonsum, sondern auch der Abbau der (durstigen) Beschäftigten in Industrie und Handwerk stellt die Weichen dahin.
1920, 1942 und 1952 lassen die Mietparteien mit industiellen Berufen zunächst anzahlmäßig mit 48, 71 und 111 keinen Zweifel an Produktionszuwächsen der Industrie im nahem Umfeld aufkommen. Dagegen belegt deren schwindende Anzahl 1961 mit 56 und 1972 mit 40 den nun schleichend beginnenden wirtschaftlichen Niedergang. Die Salinen Egestorffshall (Badenstedt) Neuhall (Davenstedt) und Georgshall (Linden) samt der angeschlossenen Chlorchemie, die Eisen- und Stahlwerke samt dem Maschinenbau und die Kammgarn- und Samtspinnereien (alle in Linden) wie auch das Kalibergwerk (Empelde) liegen bald am Boden und es schließt sich der bis heute anhaltende Abbau der Leichtindustriebetriebe an.
Relativiert im %-Anteil aller Mietparteien haben die mit Industrieberufen einen im Gesamtverhältnis zunächst leicht sinkenden Anteil und die Zahlen von 1961 eigen den Abwärtstrend, der 1972 zur Halbierung führt.
Tabelle 7:- Entwicklung des Anteils an den Mietparteien mit Industrieberufen |
An dem Anteil der Arbeiter an den Mietparteien mag man am Rande nur ablesen, daß sich dieser scheinbar zunächst gegenläufig zu dem der Fachkräften entwickelt, danach aber wieder zunimmt, was auch an den später im Altbau sehr wahrscheinlich billigeren Mieten liegen wird. Umgekehrt ist eine jeweils hohe Anzahl der Mietparteien von Meistern, Technikern und Ingenieuren vermutlich zunächst an die wirtschaftliche Produktionsentwicklung gebunden. Nach dem 2.Weltkrieg wird aber auch die Wohnungsnot bestimmend sein. Die Anzahl aller Mietparteien ist durch Zwangsbelegung dann sehr hoch.
Das Bauhandwerk, wurde getrennt erfaßt. Es geht nur um die an der Badenstedter Straße ansässigen und dort tätigen Bauhandwerker und Ihre Baumeister. Allein drei alteingesessene Baugeschäfte 5 gab es hier. Zieseniß, Giesecke und Böcker. Um voreiligen Schlüssen aus den absoluten Zahlen vorzubeugen, werden die wieder relativiert als %-Anteile ausgegeben.
1920 sind es 13 Bauhandwerker des örtlichen Bauhandwerks, deren Anteil an den Mietparteien 15 % beträgt. 1942 waren es 20 (14 %) Mietparteien. Kaum eine Veränderung, obwohl in dieser Zeit tatsächlich kräftig gebaut wurde. Allerdings rekrutierten sich die hiesigen Bauarbeiter, wie zuvor schon die Industriearbeiter in Linden, überwiegend aus dem dörflichen Umland bis hin zum bitterarmen katholischen Eichsfeld und in der Zeit des Faschismus 1933-45 werden zunehmend Internierte und Kriegsgefangene am Bau eingesetzt.
Nach dem Krieg , im Jahr 1952, erscheint die Anzahl mit absolut 32 als hoch. Doch der relative Anteil bleibt mit 14 % gleich, genau wie 1961, wo es dann nur noch 23 sind. Es ist Wiederaufbau, den nun neben den Wanderarbeitern aus dem Umland auch die vielen Vertriebenen und Heimkehrer bewältigen. 1972 fällt der Anteil auf absolut 17 und nun relativ auch auf 12 %. Gleichzeitig beginnt 1972-75 zunächst schleichend der bis dato anhaltende Niedergang der örtlichen Bauwirtschaft.
Tabelle 8: Die dem Bauhandwerk zuzuordnenden Mietparteien in den Häusern entlang der Badenstedter Straße und ihre absolute und relative Entwicklung |
Die Badenstedter Straße ist auch Lebensraum für Kinder
Fast möchte man auf die eigene erlebte Kindheit sehnsüchtig zurückblickend, ein wenig altklug sagen, "als es noch viele Kinder und weniger Autos gab". Uns Kindern boten die Läden und die Handwerker an der Badenstedter Straße tagtäglich besondere Reize. Wie oft patroullierte man die Straße `rauf und wieder `runter, denn irgendwie hatte jeder Laden etwas besonderes, aber eben nicht zu jeder Zeit. Wundertüten, Comic-Bilderheftchen, Pindopp`s, kleine Ton- und große Glasmurmeln, Hula-Hupp-Reifen, Pistolenknaller, Modellauto und Eisenbahn, Glühlämpchen, Klingel und Draht, es gab eine Menge im Auge zu behalten. Ganz zu schweigen vom jederzeitigen Verlangen nach Naschereien aller Art.
Früh im Backhaus, mittags beim Glaser und abends beim Osthändler "zugucken" bringt aber auch Gewinn. Z.B. kann man Kuchenreste vernaschen oder Obstkisten und Stricke zum Spielen mitnehmen. Was lag da näher, als täglich nachzuschauen. In der Tabelle 9 sind solche Besonderheiten aufgeführt...
Tabelle 9: Reize und Besonderheiten der Badenstedter Straße aus Sicht der Kinder. |
weitere Quellen und Anmerkungen:
Zusammenfassung der Tabellen A - D |
Tabelle A: Zusammenstellung der Anzahl und Verteilung der Mietparteien mit Beruf und Geschäft im Jahr 1920 |
Tabelle B: Zusammenstellung der Anzahl und Verteilung der Mietparteien mit Beruf und Geschäft im Jahr 1942 |
Tabelle C: Zusammenstellung der Anzahl und Verteilung der Mietparteien mit Beruf und Geschäft im Jahr 1952 |
Tabelle D: Zusammenstellung der Anzahl und Verteilung der Mietparteien mit Beruf und Geschäft im Jahr 1961 |
Tabelle E: Zusammenstellung der Anzahl und Verteilung der Mietparteien mit Beruf und Geschäft im Jahr 1972 |
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