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Gastautor: Stephan Biebl
Stephan Biebl
Dipl.-Ing. (FH) Holztechnik
IHK-geprüfter Schädlingsbekämpfer
Staatlich geprüfter Desinfektor
Mariabrunnweg 15
83671 Benediktbeuern
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Holzschädlingsbekämpfung mit Inertgasen

(Stickstoff, Kohlendioxid)


von Stephan Biebl

Allgemeine Beschreibung

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Inerte (= reaktionsträge) Gase, wie Stickstoff, Argon oder Kohlendioxid wirken erstickend, wenn der natürliche Sauerstoff verdrängt wird, den tierische Schadorganismen, neben den äußeren Bedingungen wie Temperatur, Feuchtigkeit oder Substratfeuchte, für ihre Atmung und Entwicklung benötigen. Die Faktoren Temperatur und relative Luftfeuchtigkeit beeinflussen bei einer Begasung entscheidend die Dauer, die zur Abtöten der Schadinsekten erforderlich ist.

Pflanzliche Schadorganismen wie Hausfäule-oder Schimmelpilze werden durch Sauerstoffverdrängung nur am Wachstum gehemmt, eine Bekämpfung in der Praxis ist nicht möglich.

Möglichkeiten und Grenzen

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Bekämpfung mit Inertgas (links der Stickstoff in Druckflaschen im Flaschenbündel und Tankbehälter) an einem von Splintholzkäfern befallenem Objekt. Foto: Biebl
Bekämpfung mit Inertgas (links der Stickstoff in Druckflaschen im Flaschenbündel und Tankbehälter) an einem von Splintholzkäfern befallenem Objekt. Foto: Biebl
Eine Behandlung von Räumen oder Gebäuden hat sich aufgrund einzelner Praxisversuche nicht bewährt und ist aufgrund technischer Schwierigkeiten bei der Abdichtung oder unkontrollierbarem Gaseinsatz nicht kalkulierbar oder wirtschaftlich.

Das Behandlungsvolumen ist eingeschränkt durch die Leistungsfähigkeit der technischen Gaserzeugungsanlagen oder eine Gasversorgung mittels Druckflaschen, Flaschenbündel oder Tank-Behälter. Diese Umstände erfordern bei der Behandlung von Kulturgütern oder sonstigem befallenen Holz ein hochdichtes System, da sonst eine Verdrängung des Restsauerstoffs im Objekt nicht erreicht werden kann. Da dieser Prozentsatz von Leckagen oder Sauerstoffdiffusion durch die Abdichtungsfolie von außen abhängt, muss zur Aufrechterhaltung einer konstanten Konzentration ein leichter Überdruck mit ständiger Spülung oder Nachdosierungen durch eine externe Versorgung gemacht werden.

Einwirkung auf Insekten

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Bekämpfung mit Inertgas (hier mit Stickstoff) an einem Mercedes Simplex im Deutschen Museum inmitten der Ausstellung. Foto: Biebl
Bekämpfung mit Inertgas (Stickstoff) an einem Mercedes Simplex im Deutschen Museum inmitten der Ausstellung.
Foto: Biebl
Es können alle Arten und Stadien von holzzerstörenden Insekten mittels inerter Gase bei ausreichender Temperatur und entsprechender Einwirkungsdauer bekämpft werden. Für eine sichere Abtötung von Insekten sind bestimmte Mindesttemperaturen erforderlich, die über 20°C liegen sollten. Grundsätzlich gilt, je höher die Temperatur, desto geringer die Einwirkungsdauer. Eine vorbeugende Wirkung ist nicht gegeben. Die Einwirkungsdauer kann je nach Gasart in der Praxis zwischen 4-8 Wochen liegen.

Einwirkung auf Pilze

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Inerte Gase, wie beispielsweise Kohlendioxid hemmen Pilze oder Bakterien in ihrem Wachstum durch den Sauerstoffentzug. Das Myzelwachstum wird lediglich gebremst und das Auskeimen der Sporen unterdrückt. Die Sauerstoffansprüche verschiedener Pilzarten sind sehr unterschiedlich und in bestimmten Fällen ist auch ein Wachstum wegen hoher Widerstandsfähigkeit gegen Sauerstoffmangel (anaerobe Pilze) möglich.

Eine Bekämpfung und vorbeugende Behandlung ist in der Praxis bislang nicht möglich

Praktische Anwendung

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Begasungen mit Inert- oder Edelgasen (Stickstoff, Kohlendioxid, Argon) sind aufgrund der wirkstofffreien Anwendung bislang nicht konzessions- oder meldepflichtig, wie vergleichsweise toxische Begasungsmittel, wie Sulfuryldifluorid oder Phosphorwasserstoff. Beim Einsatz von Kohlendioxid gilt bei der Anwendung ein MAK-Wert (Maximale Arbeitsplatz-Konzentration) von maximal 0,5 Vol.-%.

Bekämpfung mit Inertgas im Technischen Museum. Foto: Biebl
Bekämpfung mit Inertgas im Technischen Museum. Foto: Biebl
Augebautes Stickstoffzelt. Foto: Biebl
Augebautes Stickstoffzelt. Foto: Biebl
Ein hohes Maß an Erfahrung und eine spezielle Anlagentechnologie ist erforderlich, da sich die praktischen Anwendungen meist auf sakrale oder museale Objekte beschränkt, bei denen empfindliche Oberflächen oder Farbfassungen vorhanden sind.

Beim Einsatz von inerten Gasen wird zwischen unterschiedlichen Anwendungsformen unterschieden. Dies ist zum einen die Behandlung vor Ort in flexiblen Folienzelten mit kompletter Einhausung oder teilweisen Einhausung, wie beispielsweise Kanzeln, Altäre oder Orgeln mit Abdichtung der Folie über Wand- oder Bodenanschluss.

Zum anderen gibt es auch unterschiedliche Begasungskammern oder -zelte, die dauerhaft stationär betrieben werden.

Obwohl Kohlendioxid als reaktionsträges Gas gilt, kann sich unter Umständen bei seiner Anwendung mit gleichzeitiger Anwesenheit von Wasser Kohlensäure bilden.

Für manche Pigmente liegt eine kritische relative Luftfeuchtigkeit oberhalb 60 %. Eine Befeuchtung des Inertgases ist meist nötig, um eine Austrocknung der behandelten Materialen, speziell des Holzes zu verhindern.

Zusätzlich können bei kleineren Objekten auch Sauerstofffänger (Absorber) in Form von Tabletten, zur Unterstützung der Sauerstoffverdrängung eingesetzt werden. Diese Absorber, auch unter der Bezeichnung AGELESS bekannt, wirken durch eine chemische Reaktion mit dem Luftsauerstoff. Der Restsauerstoff wird somit "aufgezehrt".

Eine qualitative Erfolgskontrolle bei Begasungen kann durch den Einsatz von Testblöcken mit lebenden Larven durchgeführt werden, die im Begasungsobjekt mitbehandelt und im Anschluss auf Mortalität der Larven untersucht werden. Der Erfolgsnachweis wird über neutrale Institute geführt und dokumentiert.

Weiterführende Literatur:

Deutschen Gesellschaft für Holzforschung (DGfH), Die Bekämpfung von holzzerstörenden Insekten, " Merkblatt über Notwendigkeit, Durchführung und Einschränkungen einer Behandlung mit Gasen " 10/2002

(19.02.09)

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