Pilze

Kleine graue Flecken am Fensterrahmen - große Schäden 

Ehepaar S. aus H. war richtig sauer: Ein knappes Jahr nach dem Einzug in Ihr neues Reihenhaus hatten sich an den Fensterrahmen graublaue Flecken unter der Lasur gezeigt. Auch die Nachbarn in der von einem Bauträger erbauten Siedlung beobachteten die gleichen Symptome:

Der Bauträger hatte nach längerem Hin und Her einen Maler beauftragt, die als Bläue identifzierten Verfärbungen abzuschleifen und zu bleichen. Die Schönheit der hell lasierten Kiefernholzfenster war damit hin. Aber damit nicht genug: Die Verfärbungen kamen großenteils nach einigen Monaten wieder und stellenweise wurde das Holz in den betroffenen Bereichen richtig morsch. Der Höhepunkt war zwei Jahre nach dem Bezug des Hauses an dem der Witterung besonders stark ausgesetzten Kinderzimmerfenster im Obergeschoss erreicht: Aus dem unteren Rahmenholz wuchs im Spätsommer ein "prachtvoller" orangeroter Fruchtkörper des Zaunblättlings.

Als Gutachter konnten wir dazu Folgendes festgestellen: "Das Haus ist lagebedingt der Witterung stark ausgesetzt. Auf die Holzbauteile kann das im Freien herrschende Klima mit Sonnenbestrahlung, Niederschlägen und Wind - mit geringem konstruktivem Schutz durch die üblichen Leibungen - einwirken. Es handelt sich in Anlehnung an DIN 50010 Teil 1 (Klimabegriffe; allgemeine Klimabegriffe) um einen Fall von "Freiluftklima I (Normale Klimabeanspruchung)". Wegen der ungeschützten Lage zum freien Feld hin geht es sogar schon über zum "Freiluftklima II (Extreme Klimabeanspruchung)".

Dieser relativ starken Beanspruchung hat nun eine Lasur standzuhalten, die mit ihrer im Vergleich zu Lacken geringen Schichtdicke (normalerweise 60 bis 80µm) deutlich weniger beständig gegenüber der Witterung ist als diese. Zudem ist die helle Lasur nur sehr schwach mit UV-filternden Pigmenten versehen.

Der dritte Problemfaktor ist dann schließlich die Tatsache, dass die Fenster überwiegend aus Kiefernsplintholz bestehen. Dieses zeichnet sich zum einen dadurch aus, dass es besonders über das Hirnholz sehr schnell und viel Wasser aufzunehmen vermag, wenn z.B. eine Fuge in der Eckverbindung aufreisst. Zum anderen ist es für den Befall durch Bläue in besonders hohem Maße anfällig. Wenn genügend Feuchtigkeit und Pilzsporen durch Undichtigkeiten in der Beschichtung eingedrungen sind, kann sich der Pilz bei ausreichend hohen Temperaturen innerhalb weniger Tage entwickeln. Der vorgeschriebene Bläueschutz hat eine räumlich und zeitlich sehr begrenzte Wirkungsdauer, wenn er - wie üblich - nur oberflächlich in ungenügender Menge aufgetragen wird.

Wegen der entsprechend schlechten Erfahrungen mit der Kombination dieser drei Faktoren empfiehlt das Institut für Fenstertechnik e.V. Rosenheim, seit vielen Jahren in seiner Tabelle "Anstrichgruppen für Fenster und Außentüren", helle Lasuren im Freiluftklima überhaupt nicht zu verwenden . Wenn sie hier trotzdem eingesetzt wurden, und dann auch noch auf Kiefernsplintholz, so stellt dies einen klaren Verstoß gegen die "Verdingungsordnung für Bauleistungen" (VOB, Teil B = DIN 1961) dar, nach der die Arbeiten entsprechend dem "Stand der Technik" ausgeführt werden müssen. Der fachkundige Auftragnehmer hätte erkennen müssen, dass die in der Leistungsbeschreibung vorgesehene oder vom Bauherrn angeordnete Art der Ausführung zu Mängeln führt. Gemäß § 4 der VOB war er verpflichtet, seine Bedenken "dem Auftraggeber unverzüglich - möglichst schon vor Beginn der Arbeiten - schriftlich mitzuteilen; ...".

Die Schadensentwicklung könnte auch dadurch gefördert worden sein, dass die Verleimung der Fensterhölzer, wie es in der Praxis oft vorkommt, an manchen Stellen nicht ganz ausreichend gewesen sein. Da Austritte von überschüssigem Leim aus den Brüstungsfugen sorgsam entfernt werden müssten, wird hier meist lieber zu wenig statt zuviel genommen."

Weitere Informationen zum Thema "Fenster" finden sie hier .


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