Mit einer glatten Regenjacke bei Landregen unterwegs, versteht ein jeder anhand seiner nassen Hose den Sinn einer Tropfkante. Wäre da eine Tropfkante, meine Hose hätte die Zuversicht, trocken zu bleiben... Das Problem des von der Wetterjacke ungehindert auf die Hose tropfenden Regenwassers scheint jedoch den Schöpfern der Modewelt verborgen zu bleiben. Nicht wenige Architekten möchten Dachüberstände und störende Fassadenkanten der schlichten Linie wegen "glatt hobeln". Sie sind der eleganten Schlichtheit abträglich und stören daher. Aus Schlichtheit wird die Eleganz abgeleitet. Leider währt sie am Bauwerk nur kurz und ist schneller zerronnen, als gewonnen.
Denn fehlende Auskragungen, Dachüberstände und Tropfkanten rächen sich später mit Feuchteschäden, Dauerreparaturen und hohen Instandhaltungskosten. Dem Himmel gar zustrebende Gläubige hoben am Ende alle Grundsätze des konstruktiven baulichen Wetterschutzes an Ihren Bauwerken auf, wodurch deren spätere Eigentümer vor der Aufgabe einer fortwährenden "Dauerinstandsetzung" gestellt wurden. Beispielsweise der an sich "funktionale" Einsteinturm in Potsdam musste fast im 10-Jahresrythmus instandgesetzt werden und verschlang daher etliche Millionen (allerdings Steuergelder...). Tropfkanten sollen anfallendes Niederschlagswasser so führen, dass das Wasser im Idealfall, ohne die Baukonstruktion zu benässen, abtropfen kann. Tropfkanten sind danach an allen in die senkrechte Fassade waagerecht einbindenden vorstehenden Bauteilen nötig.
Eine wichtige und für jeden ins Auge fallende Tropfkante ist die an der Fensterbank und an der Abdeckung auf der Mauerkrone. Diese sind meistens aus Zinkblech oder Aluminium, aber auch aus anderen dichten Stein- oder Werksteinmaterialien bzw. aus Beton gefertigt. Mit einem ausreichenden Überstand und mit unterseitiger Abkantung oder Nuteinlassung lassen sie Wasser im freien Fall vor der Fassade oder dem aufgehenden Bauteil abtropfen.
Wo das Wasser danach unten ankommt und auftrifft, haben wir es dann mit einem weiteren Folgeproblem, dem Spritzwasser zu tun, dem sich das Thema Spritzwasserschutz widmet. Im Besonderen sind auch Fenster und Türen betroffen. Fehlende Tropfkanten führen regelmäßig zu unnötigen Wassereinträgen am Bauwerk mit meist schädlichen Folgen. Mindestens läuft das Wasser an der Fassade herunter und hinterlässt augenscheinlich erkennbare Spuren mit späterer Bildung von Algen und Moosen .
Tropfkanten sind in allen Bereichen einer Baukonstruktion ein Garant (unter anderen) für den nachhaltigen Schutz vor schädlichen Folgen aus der direkten Bewitterung. Sie verhindern das langsame aber unaufhaltsame Eindringen von an der Fassade herunterlaufendem Wasser in die Konstruktion. Besonders bei einem anhaltenden Landregen wird so die Fassade vor dauernd herunterlaufendem Wasser mit geringstem konstruktiven Aufwand sehr wirksam geschützt.
An unseren wenigen verbliebenen, historischen Fachwerkkonstruktionen ist aller Sinn von Tropfkanten gut anzuschauen. Hier kann man die Funktionen der Wasserführung am Bauwerk anfassen und begreifen. "Neu entdeckt" sind sie sinnvoll auf moderne Konstruktionen übertragbar. Alles steht ausführlich in Lehrbüchern, verstanden wird es aber eher beim Hinsehen am Bauwerk. Mit gleichem Ansinnen erkennt der junge Baumeister schnell, dass ihm dabei die Folgen von konstruktiven Versäumnissen in Form von Feuchteschäden gleich mit aufgezeigt werden. Nicht wenige, vielfältig ausgebildete Tropfkanten sind am Fachwerkbau zu finden, der Grund: die Konstruktion war einst allein aus Holz und Lehm gebaut. Und diese beiden Baustoffe scheuen naturgemäß das Wasser, nicht egal, ob mit oder ohne Segen seines Baumeisters. Nun eine kleine Auswahl von unterschiedlichen Tropfkanten:
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