Hausbocklarven fressen im Splintholz kreuz und quer...
Am aufgespaltenen Holz deutlch erkennbar, Hausbocklarven (im roten Kreis) fressen sich ganz unregelmäßig kreuz und quer durch das Nadelholz. Foto: Rüpke |
In der Vergrößerung ist das Fraßbild mit der typischen Riffelung erkennbar. Die Rillen entstehen wenn die Fraßwerkzeuge sich hin und her bewegend im Holzt voranarbeiten. Foto: Rüpke |
Nicht ordentlich und berechenbar, sondern kreuz und quer fressen sich die Larven des Hausbocks durch das Splintholz aller Nadelhölzer durch. (Siehe Kasten) Das Holz verliert in den durchfressenen Bereichen seine gesamte Festigkeit. In den Befallsbereichen ist eine tragende und/oder aussteifende statische Wirkung nicht mehr zu erwarten. Diese zerstörten Bereiche sind auch nicht wieder zu reparieren. Der durch Larvenfraß zerstörte Holzbereich ist "wie nicht mehr vorhanden". Die Substanz ist hier gänzlich verloren und nur noch scheinbar als "Trugschluß" vorhanden.
Nun ist ja ein Holzquerschnitt nicht "baumgegeben", sondern nach dem Durchgang durch das Sägegatter eine durch Menschenhand geschaffene Tatsache, bisweilen auch ohne viel Sinn (siehe rechtes Bild). Vom Baum lernen heißt, lernen, wie Holz zu gebrauchen ist...
Es ist noch gar nicht so lange her, daß ein Holzquerschnitt bestimmungsgemäß durch die statische Berechnungen festgelegt und nach Prüfung und Genehmigung am Bau vorgegeben wurde.
Diese Neuerung kam mit der Industrialisierung als moderne Bautechnik und diente auch zur Einsparung von Baukosten. Die Folge waren neue Einrichtungen zur Ausbildung zum Baugewerksmeister (Baugewerksschulen) dem Vorläufer der späteren breiten Techniker- und Ingeniuerausbildung (Techniker- und Ingenieurschulen).
Vor der industiellen Umschichtung wurde nach bewährten Erfahrungen oder aber auch "frei nach Schnauze" gebaut. Z.B. wer viel Geld hatte, leistete sich dann größere Querschnitte und damit mehr Sicherheit (vorbeugender Holzschutz) im Gebäude.
Bautechnisch betrachtet ist die "Kunst des Wägens" in der Statik,
a) Bauteile zuerst ausreichend standsicher und
b) dabei gleichzeitig im Materialquerschnitt optimal (und damit preiswert) zu gestallten.
Wenig statische Überlegung verlangte z.B. ein Blockhaus aus ganzen Baumstämmen. Statisch optimiert und wesentlich preiswerter könnte schon ein Viertel des Baumquerschnittes die gegebene (geringe) Last auch noch mehrfach aufnehmen.
Es wird das Wissen um diese Statik an der Entwicklung der Menschheit abzulesen sein. Der Übergang von der Höhle in eine selbst gebaute Behausung bildet die Anfänge der Statik. Wurde hier noch mit ganzen (Holz-) Querschnitten gebaut, mit der Entwicklung der Werkzeuge änderte sich dies spätenes mit der Einführung Säge. Baumstämme konnten durch Teilung Mehrwert erzielen. Mit der Säge bearbeitet, begann die Optimierung vom Baustoff Holz. Aus ganzen Bäumen wurden Halbe, die Hälften wurden wieder
halbiert und so weiter.
Zunächst folgte die Dimensionierung der Holzbauteile den Erfahrungen aus vergangener Bauweisen. So kam es nach Hausbocksc äden dazu, die Holzbauteile beim nächsten mal wieder größer zu dimensionieren. Mit der Einführung des Buchdrucks überlieferte und entwickelte sich ein gewisses Fachwissen von Baumeister zu Baumeister, was nun "schwarz auf weiß" jederzeit nachlesbar seinen Niederschlag fand.
Statische Berechnungen, wie sie heute durchgeführt werden, bei denen die materialspezifischen Festigkeiten berücksichtigt werden, gibt es noch nicht so lange.
Wie wirkt eine Belastung auf einem Holzbalken, z.B. am Deckenbalken ? Um den Verlauf der Kräfte durch eine Belastung zu verdeutlichen, nimmt man sich ein Telefonbuch, und presst es, an beiden Enden der kürzeren Seite festgehalten, zwischen Daumen unten und Fíngern oben zusammen.
Das Telefonbuch stellt nun den das Modell eines Holzbalkens dar.
Durch Beugung der Hände wird nun eine Last obenauf simuliuert. Das Buch biegt sich nach unten. Dabei werden Verschiebungen an den Seitenbündeln erkennnbar. Die obersten Seiten versuchen nach oben auszuweichen, sie stauchen sich, hier also ist Druck zu spüren. Die untersten Seiten haben das Bestreben aus den Fingern zu gleiten, hier herrscht Zug. Die Seitenblätter in der Mitte blieben fast regungslos. Dort ist weder Druck noch Zug.
bxh = 8x20cm Soll = Ist Foto: Rüpke |
Druckkräfte (blau) und Zugkräfte (rot). In der Mitte ist Ruhe, eine neutrale Zone ohne Druck und Zug. |
Soll = 8x20cm Ist = 7x19cm Querschnitts- verlust rd. 19% ! Foto: Rüpke |
Angenähert kann man sich so das Verhalten der Holzfasern des belasteten Deckenbalkens vorstellen. Hieraus folgt, dass die Belastung im Holzquerschnitt nicht überall gleich ist, sondern von oben über die Mitte nach unten sich von Druckkraft über "Nullkraft" zu Zugkraft ändert.
Nur am oberen Rand und am unteren Rand treten spürbar Belastungen auf. Druck- und Zugkräfte. In der Mitte ist Ruhe, eine neutrale Zone ohne Druck und Zug.
Diese Kraftverteilung (im rechten Bild) wurde auf den Querschnitt des Holzes als Diagramm übertragen. Sinnbildlich sieht es nun aus, wie zwei übereinander gespiegelte Dreiecke. So wäre der statisch erforderliche Querschnitt hier als Soll-Querschnitt (incl. Sicherheit) darstellbar. Da sich aber Vollholzquerschnitte schlecht in dieser Form ausführen lassen, (das Sägewerk kennt nur gerade Sägeschnitte) sind sie meist rechteckig.
Die Darstellung eines nur geringen Schadens von seitlich ca. 5 mm im linken Bild zeigt (dunkler hinterlegt) idealisiert den Substanzverlust nach einem geringen Befall durch den Hausbock. Die Ecken werden abgerundet, weil hier sicher nur (leckeres) Splintholz liegt. Der (hellere) verbleibende Ist-Querschnitt entfernt sich schon deutlich vom Soll-Querschnitt (im rechten Bild). Damit wurden wenigstens die im Soll-Querschnitt verborgenen Sicherheiten von der Hausbocklarven aufgefressen. Vergrößert man nun den Schaden auf eine Tiefe an den Splintseiten auf 2-3 cm im Holz wird die Sache brenzlig. Der Verlust übersteigt schnell 50% !
(Daß der Fachmann hierzu auch andere Lastfälle und andere Lagebedingungen kennt, soll hier der Einfachheit wegen ganz bewußt bei Seite gelassen werden.)
Der Planer übernimmt die Sollquerschnitte und gibt sie dem Zimmermann vor. Danach wird gebaut.
Das ist die wichtige Erkenntnis, die direkt zur nächsten überleitet: je mehr Hausbockbefall, um so mehr verliert das Konstruktionsholz an seinen Eingenschaften, die Baukonstruktion zu tragen und/oder auszusteifen. Substanzverlust bedeutet hier Verlust der tragenden und/oder aussteifenden Wirkung.
Der Substanzverlust nach einem Hausbockbefall am Konstruktionsholz ist hier im Querschnitt deutlich erkennnbar. Die einmal mit der Baugenehmigung vorgegebenen Querschnitte sind nicht mehr vorhanden. Es ist hier ein gegen die Bauordnung bestimmungswidriger Zustand eingetreten, der bei Kenntnis unverzüglich zu Maßnahmen zwingt. Die einst ergangene Baugenehmigung deckt diesen Zustand nicht mehr ab ! Foto: Rüpke |
Links der Ist-Zustand nach Hausbockbefall: geblieben vom statischen Querschnitt ist ein Rest Querschnitt, hier nur der Kern. Rechts der Soll-Zustand am Austauschholz mit statisch nötigem Ersatz Querschnitt (aus Baugenehmigung). |
Mit dem Schaden nach einem Hausbockbefall wissen wir nun, ein Verlust an Holzsubstanz ist unzweifelhaft gegeben und der ursprügliche, mit der Statik errechnete und nach der Baugenehmigung verbaute Holzquerschnitt ist gemindert.
Es werden nun praktisch 2 Schritte nötig:
Für den Eigentümer stellt sich somit gleich eine, wirtschaftliche gesehen, ganz wichtige Frage: Reparatur oder Neuerstellung ? Genau das wird in einem anderen Kapitel (siehe Linkkasten rechts) gesondert betrachtet.
Bislang haben wir nichts von Bekämfung geschrieben. Der Grund ist einfach; weder chemisches Gift oder eine thermische Bebandlung können einen zerfressenen Balken wieder tragfähig machen !
Uns geht es hier aber in erster Linie um die einwandfreie tragende Baukonstruktion. Deshalb wird zunächst das konstruktive Problem hinterfragt, um zu verhindern daß nach voreiligen Reparatur- und Bekämpfungsversuchen am Ende doch ein neues Dach bestellt werden muß (und Lehrgeld anfällt).
Nötig ist, vor Ort die Maße des Substanzverlustes (durch Einstechen etc,) zu nehmen und in einem Formblatt aufzunehmen, woraus gleich anschließend der Querschnittsverlust angegeben werden kann. Das Ganze dient dann nicht nur als Dokumentation und Grundlage für die nötige Berechnung des Statikers, sondern auch als erste Entscheidungsgrundlage bei der Überlegung: Reparatur oder Erneuerung.