Projekt im Semesterpraktikum
bei Holzfragen.de Mitarbeit: Stud.Ing. Björn Harms, HAWK Hildesheim, Fakultät Bau, Holzingenieurbau |
Neues vom Hausbock |
Dachstuhl mit
Hausbockbefall
und konstruktive Überlegungen dazu |
Hausbockschaden und "Querschnittsminderung" |
Tierische Holzschädlinge |
Der "Holzwurm" oder Gemeiner Nagekäfer |
Flugzeiten + Lebenszyklen Trockenholzinsekten |
Der Hausbockbefall im Dach war nach dem Hauskauf durch die Erneuerung des Dachstuhls im Zuge der Umbauten zur Modernisierung längst vergessen. Viel später, nach Einzug in das neue Haus, hörten die Kinder so kratzende Geräusche in der Holzbalkendecke. Es waren die Fraßgeräusche des Hausbocks. Auch Ausschlupflöcher gab es und das Holz ließ sich hier und da (zur Freude der Kinder und zum Verdruß der Eltern) mit dem Fingernagel eindrücken. Schließlich lagen vor dem Fenster ein paar tote Käfer es waren ausgeschlüpfte Hausbockkäfer.
Nicht selten wird ein Hausbockbefall an anderen Stellen als am Dachstuhl glatt übersehen. Hier war es die Holzbalkendecke eines Einfamilienwohnhauses, wo man den Befall nicht mehr vermutet hatte. Was tun, um den Aufwand gering zu halten?
Bild 1: Gerade alles fertig und nun geht es wieder los - Folgen eines übersehenen Hausbockbefalls in einer Holzbalkeneinschubdecke in einem modernisierten Einfamilienwohnhaus. Foto: Rüpke |
Liegt ein Lebendbefall vor, sind bei Hausbockbefall Maßnahmen zur Bekämpfung angeraten. Im Wohnraum sind Gifte tabu, es werden thermische Verfahren gewählt. Die befallenen Holzbauteile in der Decke werden dabei für eine bestimmte Zeit erhitzt. Alle Lebensformen des Hausbocks sterben bei 55°C (über 60 Minuten gehalten) sicher ab. Ein Wiederbefall ist praktisch nicht zu erwarten. Weitere vorbeugende Maßnahmen gegen Hausbockbefall sind deshalb nicht erforderlich.
Aber - für eine Wirksamkeit des Heißluftverfahrens ist eine dreiseitige Erreichbarkeit der befallenen Deckenbalken gefordert. Dies bedeutet dann, der Deckeneinschub ist auszuräumen (siehe WTA Merkblatt "Heißluftverfahren zur Bekämpfung tierischer Holzzerstörer in Bauwerken "). Als alternatives thermisches Verfahren, das die Erhaltung des Deckeneinschubs zuließe, böte sich hier als Sonderverfahren die Mikrowellentechnik an. Sie wäre auf der freien Deckenoberseite technisch günstig einsetzbar.Von nur einer Seite aus, ist in der Gerätepraxis von einer letal wirksamen Eindringtiefe bis ca. 22 cm auszugehen.
Fraßschäden bleiben danach bestehen. Sie ziehen immer eine Schwächung der Holzquerschnitte nach sich. Die Fraßschäden dürfen den für die Traglast nötigen Mindestquerschnitt nicht einengen. Dies hätte eine Minderung der Standfestigkeit zur Folge. Wird also der rechnerisch nötige Mindestquerschnitt durch Fraßschäden unterschritten, sind Maßnahmen zur Ertüchtigung erforderlich. Im weiteren wird am Einzelfall ein Denkansatz beschrieben, wie unter bestimmten Bedingungen (1) die Tragfähigkeit recht einfach wieder hergestellt werden könnte.
Abb.: 2: zweistieliger Einschnitt | Abb.: 1: Deckenkonstruktion |
1 Zuwachsbereich = Splintholz, 2 Schnittholz mit Splintholz = Baumkante = insektengefährdet, 3 Balkenzuschnitt = entspricht dem verbautem Balken in der Decke |
Anhand der Fraßschäden an den Deckenbalken wird ermittelt, wie groß der noch verbliebene tragfähige Querschnitt ist. Danach kann die Resttragfähigkeit der Holzbalkendecke und die nötige Ergänzung ermittelt werden. Durch diese nötige statische Ertüchtigung soll die vorgesehene gesamte Tragfähigkeit wieder hergestellt werden. Deckenbalken einer Holzbalkendecke sind im Sägewerk meist ein- oder zweistielig eingeschnitten worden. Einstielig zugeschnitten heißt, das Kantholz enthält 4 Randbereiche, die sogenannten Baumkanten. Zweistielig (Abb.: 2) sind es nur 2 Baumkanten je Balken. Nach dem Einschnitt enthalten die Balken im Querschnitt an den Kanten einen mehr oder weniger großen Teil vom äußeren Zuwachsholz.
Warum sind diese Kantenbereiche so wichtig? Es handelt sich um den Zuwachsbereich am Baum, das sogenannte Splintholz. Es enthält vom Hausbock begehrte Nahrungsstoffe. Zum Inneren hin verliert das Nadelholz diese Stoffe. Dorthin wird es für den Hausbock unattraktiver. Der Hausbock ist auf Splintholz aus. Nur hier, in feinen Rissen findet er ideale Bedingungen für seine Eiablage.
Der Randbereich, der vom Hausbockkäfer bevorzugt befallen wird, kann mal größer oder kleiner sein. Aus diesem Grund ist es wichtig das ein Sachverständiger für Holzschutz die Situation vor jeglichen Maßnahmen beurteilt.
Die thermische Bekämpfung des Hausbockkäfers, auf die an anderer Stelle eingegangen wird, soll im vorliegenden Falle an der Oberseite der Holzbalkendecke erfolgen und der Deckeneinschub in der Decke nicht angetastet bleiben. Hierbei sind es also nicht nur Kostenzwänge, sondern auch die Lebensqualität der Bewohner, die danach verlangen, die Unterdecke (wenn möglich) nicht zu beschädigen und auch den Einschub (wenn vorhanden) zu erhalten. Als thermisches Verfahren entspräche diesen Anforderungen wohl nur die Mikrowellentechnik.
Es folgt die nötige Instandsetzung. Bei 2-stieligem Einschnitt ist es zuvor oft ausreichend, die Oberkante des Balkens auf durch Fraß geschädigten Bereiche zu prüfen, da der Schaden auf der Unterkante (welche nur mit größeren Aufwand freigelegt werden kann) ähnliche Ausmaße haben wird.
Grundsätzlich ist jeder Schadensfall ein Einzelfall. Es gibt bei der Schadenssanierung keine Rezepte, wie etwa beim Kochen. Die Lösung im Einzelfall ist vielfältig und von den vorhandenen Bedingungen abhängig.
Konstruktionsweisen mit verscheidenen Baustoffen stehen für die Ausführung zur Auswahl. Die einzelnen Bauweisen unterscheiden sich vor allem in der Steigerung der Tragfähigkeit und in den Kosten. Vor den Überlegungen zu Tragfähigkeit und Kosten, sollte das Ziel feststehen das zum Schluss erreicht werden soll.
Besteht bei einer kompletten Sanierung in einem unbewohnten Haus einigermaßen freie Bahn, ist alles vielfältig möglich. Bei einem bewohnten Haus, mit einer erhaltungswürdigen Unterdecke möchte man möglichst wenig zerstören und viel erhalten und die Beeinträchtigungen für die Bewohner gering halten.
Im letzen Fall Ist das Vorgehen beschränkter. Wenn z.B die Decke keinen Einschub besäße, bestünde z.B. die Möglichkeit die Balken mit Stahl oder Holz seitlich zu verstärken (Abb.2 und 3).
Abb. 2: Ertüchtigung mit Holz | Abb. 3: Ertüchtigung mit Stahl |
1 Trittschallschutz, 2 Holzwerkstoffplatte, 3 Luftschallschutz, 4 Verbindungsmittel, 5 Ertüchtigung |
Ist jedoch ein Einschub vorhanden, sollte der nach Möglichkeit aus vielerlei Gründen erhalten bleiben. Nicht nur ist der Arbeitsaufwand, diesen zu entfernen, groß. Es ist auch mit viel Schmutz verbunden. Einschübe sind auch grundsätzlich erhaltenswert, bieten sie doch auch eine bewährte Schalldämmung. Im Falle der Erhaltung, muß die Ertüchtigung nun nur von oben erfolgen.
Ohne solche Einschränkungen gäbe es viele technische Möglichkeiten, n.a. z.B. Holz-Betonverbund Systeme (HBV-Systeme) oder auf den Deckenbalken aufgeschraubtes Holz oder Stahl. Alle Systeme sind mit einer deutlichen Erhöhung des Fußbodens verbunden. Bei der Stahlbetonverbunddecke ist zusätzlich zu beachten, dass die geschädigten Deckenbalken von unten abgestützt werden müssen. Das hohe Flächengewicht des Betons (und zeitweise das noch höhere des Frischbetons!) darf die Deckebalken nicht überlasten.
Abb. 4: Ertüchtigung mittels Aufdopplung | Abb. 5: Ertüchtigung mittels HBV-System |
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In unserem Fall bestehen Einschränkungen (1) und eine günstige Variante sollte in unserem Fall besonders die Lebensqualität der Bewohner schonen. Sie soll den Deckeneinschub belassen und ohne Schäden an einer erhaltungswürdigen Unterdecke auszuführen sein. Es böte sich an, von oben auf die geschädigten Balken eine Holzwerkstoffplatte (OSB; 3-Schichtplatte) mit Gewindeschrauben in dichtem Abstand unter 45° zu befestigen. Die Verbindungsschrauben könnten auch unter 90° eingeschraubt werden. Der Winkel, mit dem die Schrauben eingeschraubt werden, hat Einfluß auf die Steifigkeit der Decke, d.h. ob die Decke im Endzustand mehr oder weniger schwingungsanfällig ist.
Abb. 6: Ertüchtigung mittels Holzwerkstoffplatte | Abb. 7: Schraubbild der Ertüchtigung |
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Durch die Erhöhung der Steifigkeit wird eine geringere Durchbiegung im Endzustand erreicht. Die Schrauben sollten möglichst lang sein, um nicht erkannte Schwächungen durch Fraßschäden im Holz zu überbrücken. Die Schrauben sollten auf der Oberkante des Deckenbalkens in den ungeschädigten Bereich geschraubt werden, damit die Platten dicht und ohne Luftspalt auf dem Balken aufliegen. Ziel ist eine kraftschlüssige Verbindung von Platte zum Balken herzustellen. Zum Nachweis des Systems bietet sich das Rechenmodell des „ Zusammengesetzten Trägers mit nachgiebigen Verbund“ an.
Abb. 8: Konstruktionsaufbau der ertüchtigten Decke |
Bei größeren Fraßschäden sollte darauf geachtet werden, das noch genug Auflagefläche vorhanden ist, da sonst die erforderlichen Randabstände nicht eingehalten werden können. Bei solchen Schadensbildern sollte die Verstärkung mittels der Aufdopplung erfolgen und anschließend, wie in Abb. 8 dargestellt, der Konstruktionsaufbau der ertüchtigten Decken mit Holzwerkstoffwerkstoffplatten geschlossen werden.
Ein besonderer Vorteil der im nachgiebigen Verbund aufgeschraubten Holzwerkstoffplatten ist ihre Scheibenwirkung. Dadurch erhöht sich die Gesamtgebäudesteifigkeit. Um die Steigerung der Gesamtsteifigkeit des Gebäudes zu erfassen, ist eine sehr aufwendige Rechnung mit Hilfe eines FEM (Finite-Elemente-Methode) Programms notwendig. Eine solche genaue Erfassung ist aber in den meisten Fällen (z.B. kleinere Wohnhäuser) nicht erforderlich.
Die zur Steigerung der Tragfähigkeit auf die Balken geschraubte Holzwerkstoffplatte ist auch die Unterkonstruktion für einen weiteren Fußbodenbelag. Es können darauf unterschiedliche Bodenbeläge, auch schwimmend, verlegt werden.
Einschränkungen in der Anwendung der beschriebenen Sondermaßnahmen sind dann gegeben, wenn die Einwirkung der Mirkrowelle (einseitig ca 22 cm) nicht ausreichend ist oder der Restquerschnitt der Deckenbalken dem Statiker als nicht ausreichend erscheint.
Informations-Quellen
DIN 1052:2008-12
Holzbau: Grundlagen, Bemessungshilfen, François Colling, Vieweg+Teubner, 2008
100 Holzbau-Beispiele nach DIN 1052: 2004, Werner Verlag, 2007
Skript Holzbau II, Kessel, HAWK Hildesheim, 2011
www.holzfragen.de
www.grad-ingenieurplanungen.de
www.spax.de